Ab wann ist ein Verkäufer eigentlich „produktiv“?

Wie produktiv ist meine Verkäufer?

Für Mitarbeiter in Produktionsprozessen ist es völlig normal, dass ihre Effizienz gemessen wird. Zum Beispiel über Produktivitätsquoten oder Leistungsgrade. Oder über Ausschuss-Quoten und Qualitäts-Kennzahlen. Die Arbeitsschritte für einen Auftrag sind bekannt und daher vorgegeben. Somit können wir recht einfach Zeit- und/oder Mengenbasierte Kennzahlen ableiten.

Sobald wir uns Mitarbeiter im Vertrieb anschauen, ist die erste (und häufig auch einzige) Kennzahl zur Leistungsmessung der Deckungsbeitrag den ein Vertriebsmitarbeiter bringt. Auch Mengenbasierte Kennzahlen findet man noch vor. Zeitbasierte Kennzahlen hingegen sind schon seltener. Kann eine solche Vorgehensweise bei der Vertriebssteuerung helfen? Wir denken, dass es auf alle Fälle einen Versuch wert ist. Derzeit diskutieren wir diese Vorgehensweise mit einem Baumaschinen-Vermieter und zwei Caravan-Händlern.

Leistungskennziffern messen typischerweise das Verhältnis von Output zu Input oder des erzielten Outputs bzw. Inputs zu einem fest definierten Vorgabewert. Schauen wir uns die Funktion eines Monteurs in der Werkstatt an, wird schnell klar, was damit gemeint ist: Von 40 Stunden wöchentlicher Anwesenheit (Input) hat ein Monteur beispielhaft 32 Stunden seiner Zeit (Output) auf „Aufträge gestempelt“. Das würde einer Produktivitätsquote von 80% entsprechen. Wenn ein Unternehmer als Zielwert eine Produktivitätsquote von 75% nennt (Vorgabewert), dann wissen alle Beteiligten, dass der Monteur überdurchschnittlich arbeitet.

Wie aber kann eine solche Produktivitätsquote im Vertrieb gemessen werden?

Die klassischen vertrieblichen Kennzahlen dafür basieren auf dem Verhältnis mengenmäßigem Input und Output. Auch hier wieder zum besseren Verständnis ein Beispiel: Ins Verhältnis gesetzt werden die „Anzahl zu bearbeitender Kunden-Adressen“ zu „Anzahl der abgegebenen Angebote“ (Angebotsquote) oder zu „abgeschlossene Aufträge“ (Abschlussquote). Beide Kennzahlen kommen recht häufig vor. Hingegen spielt die Messung von Zeit im Vertrieb typischerweise keine Rolle. Wie lange hat ein Verkäufer für einen Verkauf benötigt? Hätte er schneller sein können? Lässt sich Vertriebszeit überhaupt messen? Wie könnte das funktionieren? Und wie könnte mit einer solchen neuen zeitbasierten Kennzahl der Vertrieb gesteuert werden?

Vertrieb wird noch immer – und häufig zu Recht – als eine sehr kreative Kunst betrachtet. Der Verkäufer soll so frei wie möglich agieren können, individuelle Lösungen für seine Kunden erarbeiten, spontane Chancen erkennen und nutzen. Damit verbunden sind zumeist wenig Vorgaben für den Verkäufer, wie und mit welchem Zeitaufwand er seine Aufgaben zu lösen hat. Solange der Deckungsbeitrag stimmt, ist alles gut. Woher aber wissen Sie, ob der Verkäufer bei einer anderen Vorgehensweise nicht hätte mehr Kunden bedienen und mehr Angebote abgeben können, also effizienter sein können? Und somit auch mehr Umsatz und in der Folge mehr Deckungsbeitrag generieren können? Genau an dieser Stelle kommt der Parameter „Zeit“ ins Spiel. In einem 3-stufigen Verfahren können Sie sich dieser Kennzahl nähern. Vorab sei gesagt, dass das Modell nicht in jeder Branche und bei jedem Produkt funktioniert … eine gedankliche Auseinandersetzung ist es aber allemal wert.

Stufe 1: Definition von Standard-Produkten/-Leistungen

Das nachfolgend skizzierte Modell funktioniert faktisch nur im Vertrieb von Standard-Produkten. Individuelles Projektgeschäft oder Dienstleistungsverkauf, der sich über mehrere Wochen bis Monate zieht und aus mehreren Preisanpassungsrunden besteht ist dafür nicht geeignet. Definieren Sie also genau die Leistungen und Produkte, die Sie in einem Standard-Verfahren für verkäuflich halten.

Stufe 2: Erarbeitung eines Verkaufs-Standards

Standard-Produkte können mit Standard-Prozessen verkauft werden. Das hört ein Vertriebler nicht gerne, ist aber so. Standard bedeutet dabei nicht, dass jeder Verkauf genauso abläuft, sondern dass jeder

a) Verkauf auf die gleiche Art und Weise gestartet wird u n d

b) Verkäufer sich so lange wie möglich an diesen Prozess hält

Abweichungen vom Standard wird es geben, aber sie sollten in diesem Modell so selten wir möglich stattfinden. Je nach Unternehmensstruktur wird der Standard-Prozess natürlich anders aussehen. Konkret wird das daran erkennbar, an welcher Stelle der Vertriebsinnendienst (VID) ins Spiel kommt. Manche Vertriebsorganisationen lassen den Verkäufer so lange wie möglich im „Lead“ und somit auch große Teile von nachgelagerten Verkaufsunterstützenden Tätigkeiten von ihm bearbeiten. Andere Organisationen drehen das genau herum und integrieren den VID frühzeitig in den Verkaufsprozess so dass sich der Verkäufer auf die direkte Kundenansprache fokussieren kann.

Stufe 3: Ableitung von Soll-Zeiten und Ziel-Mengen

Zum Schluss wird der definierte Standard-Prozess mit geschätzten (gemessenen) Soll-Zeiten je Arbeitsschritt hinterlegt. Daraus erfolgt eine Gesamtzeit je vertrieblichem Durchlauf. Dividiert man die wöchentliche Arbeitszeit durch diese Gesamtzeit ergibt sich eine Menge an bearbeitbaren Verkaufsvorgängen. Diese Menge kann der Verkäufer jetzt in seine Wochen-Organisation übernehmen.

Das Controlling der Kennzahl folgt dann einer einfachen Logik: Erreicht ein Verkäufer nicht die Anzahl seiner Ziel-Verkaufsvorgänge schieben wir die Schuld dafür nicht „auf den Markt“, sondern schauen zuerst ganz operativ auf den hinterlegten Standard-Prozess. Hier gibt es jetzt 3 Möglichkeiten: Der Prozess wurde nicht gut genug strukturiert und die hinterlegten Zeiten stimmen nicht. Dann muss hier nachjustiert werden. Oder aber der Verkäufer weicht vom Standard-Prozess ab – das muss hinterfragt werden. Oder der Verkäufer ist zu langsam und benötigt mehr Zeit als vereinbart – dass muss geprüft werden. In beiden Fällen stehen uns zwei weitere messbare Zugangskanäle (Prozess-Schritte und Zeitaufwand) für die Vertriebssteuerung zur Verfügung, die über den Deckungsbeitrag als nur eine Kennzahl hinaus gehen. Die Diskussion mit dem Verkäufer über den vertrieblichen Standard-Ablauf wird ganz sicher dazu führen, dass der Prozess kontinuierlich besser wird. Auf der anderen Seite wird bei dem Verkäufer vermutlich sukzessive ein immer besseres Verständnis für eine effiziente vertriebliche Vorgehensweise entstehen. Skeptisch? Versuchen Sie es einmal und berichten uns über Ihre Erfahrungen.

Sie haben Interesse daran, Ihren Vertrieb mit anderen und/oder neuen Kennzahlen zu führen? Dann stehen wir Ihnen gerne für einen ersten unverbindlichen Austausch zur Verfügung. Schreiben Sie uns über unser Kontaktformular oder rufen uns unter der 069 15043528-0 an.