bbi-Digital-Baustein 3

Daten: Die Digitalisierung benötigt Daten wie der Fisch das Wasser

Ohne Daten funktioniert Digitalisierung nicht. Sie sind sozusagen die DNA Ihres digitalen Geschäftsmodells. Daher erläutern wir Ihnen in diesem Baustein, aus welchen Systemen Daten kommen, welche Qualität sie haben müssen und wie Sie damit arbeiten können.

Dahinter steht die Idee, Daten zu monetarisieren. Daten sind das neue Öl – diesen Spruch liest man allenthalben. Aber was nutzt es Ihnen, wenn Sie auf einer Ölquelle sitzen, aber nicht wissen, wie Sie dieses Öl fördern und gewinnbringend vermarkten?

Ziel dieses Digital-Bausteins ist es, Ihnen einen strukturierten Überblick über Ihre aktuelle System- und Datenlandschaft im Vertrieb zu verschaffen, um so zielgerichtet an der qualitativen und quantitativen Weiterentwicklung Ihrer Datenbestände zu arbeiten.

Noch ein rechtlicher Hinweis: Dieser Digital-Baustein beschäftigt sich nicht mit der juristischen Seite von Daten, also den Themen Datensicherheit und Datenschutz. Zwingende Voraussetzung für die Arbeit mit Daten ist selbstverständlich deren DSGVO-konforme Nutzung. Davon wird in diesem Digital-Baustein stillschweigend ausgegangen.

Inhalt:

1. Die Rolle von Daten in der Digitalisierung

Digitalisierung ist die Fähigkeit, relevante Informationen = Daten zu sammeln, zu analysieren und in Handlungen umzusetzen.
In der analogen Welt beherrschen Sie diese Vorgehensweise vermutlich sehr gut: Ein Baumaschinenverkäufer erhält im Rahmen eines Verkaufsgesprächs Informationen des Kunden über das Anforderungsprofil und den Einsatzzweck des gewünschten Mobilbaggers, leitet daraus seine Schlussfolgerungen ab und unterbreitet ein passendes Angebot. Digitalisierung ist die Fähigkeit, relevante Informationen = Daten zu sammeln, zu analysieren und in Handlungen umzusetzen. In der digitalen Welt erfolgt das alles weitgehend ohne menschliches Zutun auf der Basis von generierten Daten. Diese Daten müssen in Systemen erfasst werden (sammeln), sie müssen interpretiert werden (analysiert) und anschließend – basierend auf den gewonnenen Erkennt-nissen – zu konkreten Aktivitäten führen (handeln). Die Sammlung der Daten kann sowohl analog, z. B. in einem direkten Kundengespräch, oder direkt digital, z. B. durch digitale Fußabdrücke im Internet, erfolgen. Wichtig ist, dass alle Daten danach für eine automatische Verarbeitung zur Verfügung stehen. Anhand dieser kurzen Einleitung wird schnell erkennbar: Wenn Sie Ihren Vertrieb digitalisieren wollen, benötigen Sie ein neues und weitergehendes Verständnis von Daten als bisher.

2. Eine neue Qualifikation im Unternehmen: Datenkompetenz

Datenkompetenz ist der Schlüssel zur Digitalisierung, denn Daten allein besitzen erst einmal keine Aussagekraft. Durch die richtige Analyse und Interpretation werden aus Ihren gesammelten Daten jedoch wichtige Informationen, mit welchen Sie arbeiten können. Daher macht die Fähigkeit, Daten zu interpretieren und mit ihnen produktiv zu arbeiten, die digitale Transformation und damit auch die Digitalisierung Ihres Vertriebs erst möglich. Sie eröffnet zusätzliche Marktchancen für Ihr Unternehmen, die ohne eine „datengetriebene“ Betrachtung unerkannt geblieben wären.
Um das zu erreichen, müssen Auf- und Ausbau der Datenkompetenz in Ihrem Unternehmen eine neue Priorität erhalten. Dabei gehen Sie üblicherweise in 2 Schritten vor:

Schritt 1:

Zunächst geht es um die Fähigkeit, Entscheidungen auf Basis der Analyse vorhandener Daten zu treffen und die daraus gewonnenen Einsichten zu nutzen, um existierende Geschäftsmodelle aufzuwerten.

Schritt 2:

In einer weiteren Ausbaustufe dient Datenkompetenz dazu, völlig neue Geschäftsmodelle zu gestalten, bei denen Daten ein integraler Bestandteil und differenzierender Faktor zu Konkurrenz-produkten sind („Datengetriebenes Geschäftsmodell“). Die ganz großen Chancen liegen nämlich weniger in der Digitalisierung bisher analog ablaufender Vertriebsprozesse, als im Aufbau völlig neuer datengetriebener Geschäftsmodelle. Dies eröffnet Ihnen neue Wertschöpfungsquellen, welche Sie vorher nicht einmal in Betracht ziehen konnten.

Leider sind Datenexperten derzeit weltweit gesucht und – seien wir ehrlich – für mittelständische Maschinenhändler und -vermieter vermutlich auch eine recht teure Funktion. Gleichwohl wird das Berufsbild des Data Scientist irgendwann auch in unserer Branche Einzug halten. Es handelt sich dabei um Menschen, die Geschäftsvorgänge im Kontext der dazu gehörenden Daten betrachten und daraus relevante Erkenntnisse ziehen können. Auch wenn das Berufsprofil noch relativ neu ist und die Zahl der ausgebildeten Fachkräfte auf diesem Gebiet sehr gering: Es lohnt sich, nach Mitarbeitern im Unternehmen zu suchen, die an einer solchen (Teilzeit-)Aufgabe Spaß haben könnten. Sie werden mittelfristig nicht umhinkommen, geeignetes Personal aus den eigenen Reihen zu identifizieren und es über Fortbildung mit entsprechenden Fachkompetenzen auszustatten.

AUFGABEN-BOX

Betrachten Sie Ihren Mitarbeiterstamm einmal aus der Datenperspektive: Wer hätte das Zeug dazu, um in Ihrem Unternehmen stärker als bisher mit Daten „zu jonglieren“? Vielleicht finden Sie ein verstecktes Talent, dessen interne Förderung sich lohnt. Manchmal liegt das Gute so nah…

3. Der finanzielle Wert von Daten

Nun kommen wir gewissermaßen zur Gretchenfrage: Wie soll man denn bitteschön mit Daten an Stelle von oder ergänzend zu Verkauf und Vermietung Geld verdienen? Wenn die Antwort darauf so einfach wäre, hätten viele Baumaschinenhändler oder Arbeitsbühnenvermieter diese Modelle bereits. Diese neuen Modelle fangen aber gerade erst an sich „zu zeigen“. Insofern müssen Sie aktiv danach suchen, neue Ideen entwickeln, etwas ausprobieren, verwerfen und wieder neu starten.

Bei alldem ist aber zunächst erst einmal wichtig zu verstehen, worin der finanzielle Wert von Daten überhaupt liegt. Gemäß den zuvor genannten zwei Schritten kann er nämlich unterschiedlich bemessen werden.
Der (kleinere) Vorteil von qualifizierten Daten liegt in ihrem Vorhandensein überhaupt: Kosten für die Datengewinnung reduzieren sich, Suchzeiten nach Informationen entfallen etc… Hier geht es eher um Gewinne auf der Seite sogenannter Opportunitätskosten.

Spannender, gerade bei der Digitalisierung des Vertriebs, ist der Wert, der aus der Vernetzung der vorliegenden Daten entstehen kann. Dabei können die Datenquellen sehr unterschiedlich sein: Externe Daten aus dem Netz, interne Daten aus dem eigenen ERP-System oder auch Maschinen-daten aus dem Gerät selbst. Dazu ein paar Beispiele:

  • Aus dem Nutzungsverhalten der Maschine eines Mietkunden können Sie vorausschauende Wartungsempfehlungen geben („Predictive Maintenance“)
  • Die Zusammenführung bisher loser Daten über ein Unternehmen führt dazu, dass Sie plötzlich dessen Investitionsabsichten besser erkennen und daher passendere Informationen bereit-stellen können („Pre-Sales“)
  • Durch die laufende Bereitstellung von Daten aus dem Service-Bereich an den Vertrieb kann dieser proaktiv auf Service-Kunden zugehen und den Kauf einer neuen Maschine anbieten („Cross-Selling“)

Diese Beispiele sind einerseits noch recht einfach und funktionieren doch nur, wenn Daten vorhanden sind. Um diesen „Datenschatz“, also Ihr neues Öl, zu heben und zu vermarkten, müssen Sie allerdings 3 Voraussetzungen schaffen:

Eine Ölquelle: Umfassende und gepflegte Datenbestände sind die Grundlage Ihres datengetriebenen Vertriebsmodells. Ohne Ölquelle ist keine Ölförderung möglich.

Eine Ölbohrplattform: Sie benötigen die fachliche und methodische Kompetenz zur Datenbearbeitung. Ob Sie diese Kompetenz zunächst extern einholen oder gleich intern aufbauen, spielt zu Beginn noch keine Rolle. Wichtig ist nur: Sie müssen Ihr neues Öl ans Tageslicht bringen, dazu sind neue Fähigkeiten erforderlich.

Ein Tankstellennetz: Was nutzt es Ihnen, wenn Sie Ihr Öl anschließend nicht vermarkten können? Also brauchen Sie eine Vorstellung davon, wie Sie Ihre Daten monetarisieren können. Ein Tankstellennetz wäre eine Idee. Aber auch viele andere Geschäftsmodelle, in denen Öl eine Rolle spielt.

Business Intelligence – Ihre neue Ölbohrplattform

Im Mittelpunkt Ihrer Datenstrategie steht eine technische Plattform für die Datenanalyse, genannt „Business Intelligence“. Hier gibt es zahlreiche Tools, mit denen Sie solche Analysen durchführen können. Zwei auch im Mittelstand recht bekannte Analysewerkzeuge sind PowerBI von Microsoft sowie QlikSense. Diese Tools sind in der Lage, Daten aus sehr unterschiedlichen Quellen zu aggregieren, sie miteinander zu verknüpfen und so aufzubereiten, dass auch das „normale“ Personal im Vertrieb, der Vermietung oder der Werkstatt damit arbeiten kann – nicht nur die Datenexperten.

4. Die technische Seite von Daten: Typische Systemlandschaften in Handel und Vermietung von Arbeitsmaschinen

An erster Stelle ist bei vermutlich allen Händlern und Vermietern das ERP- oder Warenwirtschafts-system zu nennen. Im Jahr 2020 sollte ein solches System den Workflow Ihrer Prozesse abbilden. Tatsächlich können das nur sehr wenige Programme. Stattdessen sind die Programme eine Aneinanderreihung von Datenbankfeldern, die der Anwender mühsam auswendig lernen muss, um damit arbeiten zu können. Sie kennen das: Wann immer ein neuer Mitarbeiter eingelernt werden muss, dauert es sehr lange, bis er die Tiefen des Programms verstanden hat. Eine logische und vorgegebene Schrittfolge basierend auf einer Customer Journey ist faktisch nicht vorhanden. Und das gilt erst recht für das zuvor genannte Erfordernis der Vernetzung von Daten.

Auf der anderen Seite sitzen Sie als Anwenderunternehmen und haben bisher auch kein erhöhtes Bedürfnis gezeigt, um mit den Daten, die Ihr ERP-System generiert, zu arbeiten. Vielerorts werden ERP-Systeme noch immer wie elektrische Schreibmaschinen betrachtet, weit davon entfernt, das vorhandene Potential auszuschöpfen. Zudem werden gleiche Daten in unterschiedlichen Systemen mehrfach erfasst, ohne dass aktiv nach Lösungen zur Vermeidung von „Datenmüll“ gesucht wird.

Häufig sieht die System-Welt in unserer Branche dann so aus:

Was in diesem Schaubild allerdings komplett fehlt, ist die Antwort auf die Frage: „Und was mache ich mit der Unmenge an produzierten Daten je Datenquelle in Bezug auf mein digitales Geschäftsmodell“? Die Antwort fehlt deshalb, weil die beiden zuvor genannten Voraussetzungen für das Heben des Datenschatzes nicht geschaffen wurden: Was ist meine Ölbohrplattform und was ist mein Tankstellennetz?

5. Ein Stufenplan zum Aufbau von datengetriebenen Vertriebsmodellen

Vorab der Hinweis: Wir konzentrieren uns dabei auf die Arbeit mit Daten, um Ihr existierendes Geschäftsmodell aufzuwerten. Für die Entwicklung eines völlig neuen datengetriebenen Vertriebsmodells würde der Platz hier nicht ausreichen. Da wir uns in dieser Artikelserie auf die Digitalisierung des Vertriebs fokussieren, ist auch der nachfolgende Stufenplan darauf ausgerichtet:

Stufe 1: Überblick verschaffen

Verschaffen Sie sich zunächst einen Überblick über die im Unternehmen vorhandenen Systeme. Nutzen Sie dafür das über diesen Link bereitgestellte Online-Tool. Sie erfassen damit erst einmal Ihre eigenen Systeme und können damit anschließend intern weiterarbeiten. Parallel dazu fließen Ihre Antworten anonymisiert in eine Gesamtübersicht der bbi-Mitgliedsbetriebe. Die Ergebnisse stellen wir Ihnen im nächsten Digital-Baustein vor. Dann können Sie gut erkennen, wo Sie im Vergleich zu Ihren Branchen-KollegInnen stehen.

AUFGABEN-BOX

Um Ihnen Ihre eigene Digitalisierung zu erleichtern, stellen wir den Mitgliedsbetrieben des bbi in der Folgewoche ein kostenloses Tool zur Verfügung, mit dem sie ihre eigene System-landkarte erstellen können. Auf Basis dieser Systemlandkarte kann jedes Unternehmen dann seine nächsten Schritte für die Weiterentwicklung der Systeme und den Umgang mit Daten festlegen.

Stufe 2: Ziele festlegen

Welches vertriebliche Ziel wollen Sie erreichen, bei dem Ihnen die Digitalisierung helfen kann? Fokussieren Sie sich dabei auf das sogenannte „digitale Kundenerlebnis“. Beobachten Sie die bisherige Customer Journey und verbessern Sie diese schrittweise durch die Anreicherung um für den Kunden wichtige Informationen. Z. B. die Online-Bereitstellung von Lieferterminen, die Termin-vereinbarung mit der Werkstatt über eine App oder einen Chatbot für die Beantwortung von technischen Fragen. Die Antworten auf solche Fragen werden zum größten Treiber der internen Transformation. Suchen Sie nach Möglichkeiten, um das Kundenerlebnis zu verbessern. Ge-gebenenfalls ergibt sich daraus auch die Entwicklung völlig neuer Produkte und Dienstleistungen.

Machen Sie sich klar, dass Sie diese Stufe mehrfach beschreiten müssen. Es ist ein iterativer Prozess. Auf den nächsten Stufen werden Sie auf diese Ergebnisse zugreifen, sie dann aber gegebenenfalls nochmal anpassen.

Stufe 3: Relevante Daten identifizieren

  • Welche Daten benötigen Sie, um Ihr Ziel zu erreichen?
  • Haben Sie diese Daten bereits im Unternehmen?
  • In welchem System werden diese vorgehalten?
  • Mit welchen weiteren Daten sollten/müssen sie angereichert werden, um Mehrwert für Ihre Kunden zu stiften?

Stufe 4: Zentrale Datenplattform bestimmen

  • Wo und wie sollen diese Daten künftig zusammengeführt werden?
  • Welches Tool wollen Sie dafür nutzen?
  • Wer soll sich darum kümmern?
  • Welche technologischen und organisatorischen Voraussetzungen müssen Sie dafür in Ihrem Unternehmen schaffen?

Stufe 5: Datengetriebene Vertriebsprozesse starten

Überführen Sie Ihre neu gewonnenen Daten und Erkenntnisse in neuen Prozessen. Binden Sie Ihre Kunden von Anfang an ein und fragen, welchen Mehrwert diese aus Ihrer neuen Idee hätten. Testen Sie die Anwendung dann in kleinerem Umfang, lernen Sie daraus (agiles Projekt-management), binden Sie Ihre Mitarbeiter ein. Und wenn Sie der Auffassung sind, dass Ihr neuer Prozess hinreichend stabil ist, dann gehen Sie damit online. Informieren Sie Ihre Kunden. Holen Sie sich regelmäßig Feedback von ihnen ein. Und danach starten Sie mit Ihrer zweiten datengetriebenen Innovation.

6. Systemabfrage

Wie bereits zuvor erwähnt, bieten wir Ihnen die Möglichkeit, über unser kostenloses Tool „System-Landkarte“ einen ersten Überblick über Ihre eingesetzten Systeme zu erhalten. Sie erhalten dazu in den nächsten Tagen einen Link für den Download inkl. Erläuterung zur Vorgehensweise bereitgestellt.


Wenn Sie bis hierher konkrete Fragen haben, können Sie sich gerne direkt an uns wenden:

 

Jürgen Küspert

bbi Bundesverband der Baumaschinen-, Baugeräte- und Industriemaschinen-Firmen e.V.

Adenauerallee 45, 53113 Bonn

Telefon: 0228-223469

E-Mail: info@bbi-online.org
Web: www.bbi-online.org

Edmund Cramer

cramer müller & partner Consulting PartG

cramer & müller service GmbH & Co. KG

Schäfergasse 33, 60313 Frankfurt/Main

Telefon: 069-1504352812

E-Mail: ec@cmundp.de

Web: www.cmundp.de

Viel Erfolg bei den (ersten) Schritten in Richtung digitalem Vertrieb