Wer Zahlen “richtig” lesen kann, dem sagen sie mehr als 1.000 Worte und zeigen daher mehr als nur Umsätze und Gewinn. Im Rahmen des “Behavioral Accounting” – dem verhaltensorientierten Rechnungswesen – wird klar, dass besonders im sensiblen Bereich der jährlichen Vertriebsplanung die Berücksichtigung menschlichen Verhaltens unabdingbar geworden ist.
Doch was heißt das konkret für Sie? Dürfen Sie Ihre vertriebsverantwortlichen Mitarbeiter von nun an nur noch an besonders wohlgesinnten Tagen nach dem Umsatz des nächsten Jahres fragen? Nein, natürlich nicht. Die Erfahrung zeigt: Klassischer Weise planen Vertriebsverantwortliche Umsatzerlöse zu niedrig und Kosten zu hoch. Durch sogenannte “budgetary slacks” bauen sie sich einen Puffer ein, der ihnen bei entsprechender Unter- / Überschreitung der Planwerte genug Spielraum lässt, ohne sich direkt vor der Geschäftsleitung erklären zu müssen. Ursachen für diese Abweichungen sind oftmals auf sogenannte “Principal-Agent-Probleme” zurückzuführen.
Das sind Probleme, bei denen mindestens ein Geschäftspartner (Agent) Informationsvorsprünge gegenüber dem anderen (Principal) aufweist und sich diese Informations-Asymmetrie zunutze machen kann. Ein Beispiel hierfür ist ein Außendienstmitarbeiter mit spezifischen Marktkenntnissen gegenüber seinem Geschäftsführer mit einem guten Gesamtüberblick. Hier sind die Wissensstände über den Markt asymmetrisch verteilt. Doch welche Folgen hat solch eine Planung für das Unternehmen? Spätestens am Ende jedes Wirtschaftsjahres werden auf Basis Ihrer Planung Entscheidungen getroffen, die insbesondere die künftigen Ressourcen Ihrer Unternehmung betreffen. Welche weiteren finanziellen Mittel werden benötigt? Haben Sie genug Personal, wo sind Neueinstellungen erforderlich? Wie hoch müssen Ihre Lagerbestände sein? Ist Ihre Planung ungenau, schmälern Sie durch teures “Nachjustieren” Ihren Profit: Unnötige Zinsaufwendungen für zu hohe Darlehen, da Sie viel höhere Kosten eingeplant haben, oder die Inanspruchnahme von kostenintensiven Zeitarbeitern, weil Sie einen zu niedrigen Personalbedarf kalkuliert haben, oder zu hohe Einkaufspreise durch kleinere und damit teurere Nachbestellungen, weil Sie einen zu geringen Wareneinsatz geplant haben, können die Folge sein. Ein höherer Gewinn wäre möglich gewesen. Das klingt banal, sagen Sie? Ist es auch. Dennoch zeigt die Praxis, dass – solange der absolute Gewinn am Ende des Geschäftsjahres über dem Planwert liegt – diesem Phänomen wenig Beachtung geschenkt wird. Der Gewinn, der aus einer durch den Vertrieb zu niedrig abgegebenen Umsatzplanung resultiert, hätte höher sein können, wenn von Beginn an auf Basis einer vollständigen Information ein „richtiger“ Umsatz geplant worden wäre und die zusätzlichen Kosten aus der Fehlplanung vermieden worden wären.
Was können Sie tun, um diesen Effekt zu vermeiden?
- Klären Sie Ihre Mitarbeiter über den Sinn der Planung sowie über die Folgen einer Fehlplanung auf, damit sie ihre Handlungen besser verstehen.
- Binden Sie Ihre Mitarbeiter dadurch verantwortungsbewusst in die Planung mit ein (Bottom-Up).
- Kommunizieren Sie klare Budgetziele und prüfen Sie all jene, die regelmäßig ihre Budgets unterschreiten und ihre Umsatzplanung übertreffen.
- Investieren Sie Zeit in die Ursachenergründung der Abweichungen, es wird sich lohnen!
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